Murals kommen und gehen
Alles ist vergänglich. Bei manchen Dingen macht uns das traurig, bei anderen freut es uns. Und Street Art wäre ohne gar nicht denkbar. Schade nur, dass es so schwer ist, das zu akzeptieren.
Alles ist vergänglich. Bei manchen Dingen macht uns das traurig, bei anderen freut es uns. Und Street Art wäre ohne gar nicht denkbar. Schade nur, dass es so schwer ist, das zu akzeptieren.
Der angeschlagene Elefant ist bald Geschichte. Wer aus dem Wedding kam und über die Putlitzbrücke nach Moabit fuhr, dem fiel bisher meistens das große Wandbild "Junge mit Elefant" an der Fassade des Hauses Stromstraße 36, Ecke Birkenstraße, ins Auge. Langsam weicht er nun der Stadtentwicklung, von Monat zu Monat sehen wir weniger von ihm. Aber das ist vielleicht gar nicht so schlimm.
Das Street Art Kunstwerk wurde 2018 im Rahmen des ersten "Berlin Mural Festivals" zusammen von Herakut, Wes21 und Onur geschaffen und bereicherte seitdem das Kiez- und Stadtbild.
Die Botschaft "As long as you are standing, give a hand to those who have fallen", das Motiv des übergroßen Jungen, der einen winzig kleinen, offensichtlich misshandelten Elefanten schützend im Arm hält sowie die über die Hauswand hinausragenden, abgetrennten Stoßzähne prägten sich ins Gedächtnis ein.
Das Mural, so die Bezeichnung dieser großformatigen Wandbilder, war schnell sehr beliebt und wurde sogar zu einem jungen Wahrzeichen und Orientierungspunkt in Moabit. Oft sah ich Menschen, die davor standen, um es zu fotografieren, denn man kam ja kaum umhin, es zu bemerken.
Nun ist diese Form von Kunst im öffentlichen Raum nicht für die Ewigkeit gemacht. Schon sehr bald wird der "Junge mit Elefant" von einem derzeit heranwachsenden Neubau verdeckt und verschwunden sein.
Zum Wesen der Kunstform Street Art zählt eben auch die Vergänglichkeit. In ihr spiegelt sich die Bewegung und die Lebendigkeit der Stadt. Der Anblick der oft aufwendig gestalteten, farbigen Fassaden oder mit Graffiti besprayten Mauern bleibt uns nur so lange erhalten, bis sie zugebaut, übermalt oder von Efeu zugewuchert werden.
Ein zweites Leben ist nur wenigen Wandbildern vergönnt, wie dem "Weltbaum" von Ben Wagin. Er gilt als eines der ältesten Murals Berlins und entstand 1975 in der Nähe des S-Bahnhofs Tiergarten. Vor ein paar Jahren, bereits stark verwittert, wurde er vollends durch ein neues Bürohaus verdeckt.
2018 aber wurde er wiedergeboren, damals schufen Street Artist auf Initiative einiger junger Sprayer ein Remake, den neuen "Weltbaum 2.0" an einer Brandmauer in der Lehrter Straße 30, am Klara-Franke-Platz.
Aber in Moabit entsteht auch Neues: seit September 2025 ziert ein frisches Mural eine Wandfläche an der Levetzowstraße 12A, mit dem der Street Artist Akut, Teil des früher bestehenden Duos Herakut, an den verstorbenen Obdachlosen Omar und seinen Hund Megatatze erinnert. Denn Street Art will oft gesellschaftskritisch sein und Statements zu sozialen Themen abgeben und zum Nachdenken anregen.
Wer Lust hat, diese und weitere Open Air-Kunstwerke in Moabit zu entdecken, begibt sich am besten zu Fuß, mit dem Rad oder Roller auf Erkundungstour oder auch virtuell per App. Gelegentlich werden auch geführte Kiez-Spaziergänge angeboten, auf denen man interessante Hintergrund-Infos zu den Werken und über die Künstler erfahren kann.
Für kreative Jugendliche bietet die Moabiter "21gallery" zudem die Möglichkeit, an Graffiti-Workshops teilzunehmen.
Der "Junge mit Elefant" wird mir fehlen. Aber Murals kommen und gehen nun mal und Street Art ist immer im Wandel – lebendige, bunte Stadtkultur, umsonst und draußen und für alle.
Weitere Murals, Graffiti-Art und Fassadenbilder in Moabit sind unter anderem hier zu sehen:
Skatepark Poststadion (Lehrter Str.)
Sickingenstr. 1
Seydlitzstr. 21
Heidestraße (Hedwig-Porschütz-Str.)
Siemensstr. 6 (neben dem ZK/U)
Unionplatz (an der Sporthalle)
Lübecker Str. 14 (am Spielplatz)
Pritzwalker Str. 16
Friedrich-Krause-Ufer 21
Kaiserin-Augusta-Allee 100
Waldstr. 39
Das Magazin für Moabit