Jetzt kommt die Vielfalt der Welt nach Moabit. Eine Buchhandlung, geführt von der Literaturagentin Sharmaine Lovegrove. Die möchte den Verlagen zeigen, was sie falsch machen.
Wir haben unseren Veranstaltungskalender überarbeitet und um neue Quellen ergänzt. Hier ein Überblick über die wichtigsten Neuerungen:
1. Neue Filtermöglichkeiten
Was wird aus dem neuen "Kiez für die ganze Familie"?
Langsam nähert sich die Baustelle des zweiten Bauabschnitts im sog. Mittenmang-Quartier der Groth Gruppe an Lehrter- und Klara-Franke-Straße dem Ende. Nur die 266 Mikro-Apartments im 18stöckigen Hochhaus werden erst in etwa einem Jahr bezugsfertig. Deren Vermarktungsfirma JLL jubelte kürzlich über den gelungenen Verkauf aller 22 bis 47 qm großen oder eher kleinen Wohnungen zu Preisen von 140.000 bis 310.000 Euro – überwiegend an Kapitalanleger.
Diese Mikro-Apartments waren von vorneherein eingeplant beim Mix mit leider nur 158 Sozialwohnungen im nördlichen Teil, 263 Eigentumswohnungen an der Lehrter Straße und 344 frei finanzierten Mietwohnungen an der Klara-Franke-Straße und der Bahnstrecke. Doch jetzt sollen zu den Mikro-Apartments noch 266 Co-Living-Zimmer hinzukommen.
Im April 2019 hatte der Betroffenenrat Lehrter Straße aus der einschlägigen Immobilienpresse erfahren, dass zwei ganze Häuser mit 94 Wohnungen als sog. Co-Living-Zimmer von der Medici Living GmbH vermarktet werden sollen. Es handelt sich um die Häuser mit den Bezeichnungen E3 und F3 (Update: Klara-Franke-Straße 20, 24, 26 und 28). Auf dem von der Heidestraße aus aufgenommenen Foto sind es das mit der roten Fassade direkt neben dem Hochhaus und das langgestreckte Gebäude mit der gelben Fassade. Ersteres soll schon im August bezogen werden, das größere im Oktober.
Was bedeutet Co-Living? Angelehnt an die seit einiger Zeit überall entstehenden Co-Working-Spaces, in denen man einen Schreibtisch für längere oder kürzere Zeiträume mieten kann, werden Co-Living-Zimmer von verschiedenen Firmen, die meist selbst Mieter sind, möbliert zu Pauschalpreisen angeboten. Küche, Bad und eventuell weitere Gemeinschaftsräume teilen sich die Bewohner*innen ähnlich wie eine Wohngemeinschaft. Sie haben jedoch keinen Einfluss darauf, mit wem sie zusammenwohnen. Die „Gemeinschaft“ wird als Lifestyle vermarktet, wahlweise an junge Berufsanfänger*innen, Studierende oder alle, die dringend Wohnraum suchen und die Preise zahlen können.
Medici Living bewirtschaftet zurzeit ca. 250 Wohnungen in Berlin. 2012 ist die Firma mit 100 Zimmern gestartet. Sie hat ihr Geschäft rasant bis in die USA ausgeweitet – nach eigenen Angaben ca. 1.800 Zimmer weltweit. In den nächsten drei bis fünf Jahren sollen 7.300 Zimmer dazukommen, finanziert durch Investitionen von Corestate Capital und der W5 Group. Seit zwei Jahren setzt Medici Living auf die angebliche Luxusmarke „Quarters“, für die in der Stromstraße 36 ein neues Haus gebaut wurde: 9 Apartments mit je 5 Zimmern - 10 und 13 qm klein zum Preis von 599 Euro. Seit der Eröffnung im April 2017 wurden die Preise bereits zweimal erhöht. Ein weiteres Haus ist kürzlich in Friedrichshain eröffnet wurden und bald die beiden Häuser im Mittenmang-Quartier.
Die Zimmer in der Klara-Franke-Straße werden sicher über 600 Euro kosten, berichteten Mitarbeiter von Medici Living bei der Betroffenenratssitzung im Juni 2019. Damit werden 94 Wohnungen dem normalen Wohnungsmarkt entzogen. Hier hätten Familien einziehen können. Jedoch betragen die Neubaupreise an der Bahnstrecke bereits im ersten Bauabschnitt horrende 17 Euro/qm netto-kalt. Das hat dazu geführt, dass die großen Wohnungen auch hier zum Teil als Co-Living-Zimmer vermarktet werden, von homefully, die noch teurer vermieten als Medici Living. Die Geschäftemacherei mit dem menschlichen Grundbedürfnis „ein Dach über dem Kopf “ muss endlich gestoppt werden. Während viele Anwohner*innen aufat-men, dass Lärm, Staub und andere Belastungen durch die Baustelle bald ein Ende haben, fürchten sie jetzt, dass ca. 700 Menschen, die nur vorrübergehend im Gebiet wohnen werden, negativ auf den sozialen Zusammenhalt und die Nachbarschaft wirken könnten. Mittes Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel hat in der Berliner Abendschau angekündigt, mit dem Zweckentfremdungsverbotsgesetz gegen die gewerbliche Vermarktung der Wohnungen vorzugehen. Wir dürfen gespannt sein, wie das ausgeht.
Nachtrag: Aus den "sicher über 600 Euro" pro Zimmer (O-Ton Betroffenenratssitzung) sind jetzt 720 Euro für 15 qm geworden. Für Anwohner*innen gibt es den Besichtigungstermin am Freitag, den 18. Oktober um 17 Uhr, Treffpunkt: Klara-Franke-Straße 20.
Gegen das Geschäftsmodell kann der Stadtentwicklungsstadtrat von Mitte nicht vorgehen, wie er schon in der BVV am 16. Mai 2019 erklärte (MieterEcho 403, Juni 2019).
Alles ist vergänglich. Bei manchen Dingen macht uns das traurig, bei anderen freut es uns. Und Street Art wäre ohne gar nicht denkbar. Schade nur, dass es so schwer ist, das zu akzeptieren.
Man weiß erst, was man hatte, wenn es fort ist. Mit dem Merhaba Discount geht ein Herzstück des Moabiter Lebens verloren. Aber die Menschen werden seiner gedenken.
Die Berliner Kinos leiden. Die Besucher bleiben weg und das Geld fehlt gerade den kleinen Betreibern. Wenn die Kinos sterben, geht eine jahrhundertealte Tradition verloren. Und ein Stück Demokratie.