Jetzt kommt die Vielfalt der Welt nach Moabit. Eine Buchhandlung, geführt von der Literaturagentin Sharmaine Lovegrove. Die möchte den Verlagen zeigen, was sie falsch machen.
Wir haben unseren Veranstaltungskalender überarbeitet und um neue Quellen ergänzt. Hier ein Überblick über die wichtigsten Neuerungen:
1. Neue Filtermöglichkeiten
Interview: Warum wir eine englischsprachige Buchhandlung in Moabit brauchen
Jetzt kommt die Vielfalt der Welt nach Moabit. Eine Buchhandlung, geführt von der Literaturagentin Sharmaine Lovegrove. Die möchte den Verlagen zeigen, was sie falsch machen.
Als ich Sharmaine Lovegrove zum Interview treffe, ist ihre neue Buchhandlung Chapters in der Wilsnacker Straße 60 noch gar nicht offiziell eröffnet. Sie begrüßt mich mit einer Umarmung und ruft: "Ich muss ein Foto von dir machen! Du trägst die 'Chapters‘-Farben!" Die Wände sind wie mein Kleid dunkelgrün und sowohl meine Jacke als auch die Türen im Laden sind weinrot. Alles natürlich reiner Zufall, aber die Stimmung ist direkt ausgelassen.
MOAZIN: Sharmaine, du hast in einem der größten Verlage der Welt gearbeitet und bist erfolgreiche Literaturagentin. Jetzt machst du in Moabit eine neue Buchhandlung auf. Was ist deine Motivation für diesen Schritt? Sharmaine Lovegrove: Meine Leidenschaft ist es, Menschen, Ideen und Geschichten miteinander zu verbinden. Von der Autor*in über den Verlag hin zur Leser*in.
Und das war im Verlag schwierig? Obwohl die großen Verlagshäuser oft gar nicht wissen, was die Bedürfnisse ihrer Leser*innen sind, entscheiden sie darüber, was veröffentlicht und somit gelesen wird. Das hat sich für mich nicht stimmig angefühlt. In meinem Buchladen kann ich den Menschen zuhören und mich besser in sie hineinfühlen. Und damit dann als Verlegerin und Agentin beeinflussen, welche neuen Geschichten auf den Markt kommen, die den Wünschen der Lesenden entsprechen.
Foto: Jan Remschnigg
Was ist das Besondere an deinem Laden? Ich möchte die starren Barrieren der sogenannten Hochkultur aufbrechen. Denn diese Hochkultur versucht uns oftmals vorzuschreiben, was wir gut finden sollen. Wir sind solche Gewohnheitstiere, dabei haben sich die Zeiten doch geändert! Ich möchte einen Ort schaffen, bei dem sich die Leser*innen ausprobieren können, neugierig sein können, ohne Angst zu haben, dafür verurteilt zu werden.
Leute werden für Neugier verurteilt? Nehmen wir das Genre Romantasy: Das gab es vor einigen Jahren noch gar nicht und wird auch heute oft noch belächelt. Dabei ist es unglaublich erfolgreich und handelt letztlich von den großen Themen der Literatur: Von Liebeswirren, Tragik, Herzschmerz. Warum also nicht mal so eine Geschichte ausprobieren?
Tatsächlich sind die Regale im "Chapters" nicht wie in vielen anderen Buchläden mit Kategorien wie "Sachbücher", "Krimis" oder "Romane von A-Z" beschriftet. Hier gibt es zwölf Themeninseln, die sich Sharmaine selbst ausgedacht hat, zum Beispiel "Change & Chapters", "Memory & Myth" und "Play and Wonder". Hier stehen Sachbücher und Belletristik neben Poesie in einem Regal. Das ist auf den ersten Blick ungewohnt, macht aber auch direkt neugierig, auf Entdeckungstour zu gehen.
Foto: Jan Remschnigg
Der Untertitel von Chapters ist "Local Bookstore. Global Voices". Wie hältst du die Balance zwischen lokal und global? Berlin ist eine internationale Stadt und mir ist es wichtig, diesen Aspekt auch in den Büchern widerzuspiegeln. Wir sind von so viele Lebenswelten umgeben, zu denen wir kaum Zugang haben. Bücher sind dabei eine gute Möglichkeit, um Verständnis für die Lebensrealitäten anderer Menschen zu schaffen. Viele Berliner*innen mögen zum Beispiel vietnamesisches Essen, aber kaum jemand hat Literatur aus Vietnam gelesen. Wenn du neugierig genug auf einen Teil der Kultur bist, warum dann nicht auch auf die Literatur?
Im Chapters gibt es nur englischsprachige Bücher – schließt das nicht Leute aus, die kein Englisch sprechen? Um als Buchhandlung zu überleben, braucht man heutzutage eine Nische. Und in Moabit gibt es schon einige alteingesessene deutschsprachige Buchhandlungen.
Ist deine Nische dann über die Sprache abgedeckt? Nicht nur. Ich möchte Vielfalt in meinem Laden abbilden. Und es werden viel diversere Autor*innen ins Englische übersetzt als ins Deutsche. Wir haben auch deutsche Autor*innen im Programm, aber in englischer Übersetzung. Über die Jahre meiner Karriere habe ich mir ein riesiges Wissen über englischsprachige Literatur erarbeitet. So kann ich meine Kund*innen selbstbewusst beraten. Wir werden über dreitausend Bücher vorrätig haben und ich habe jedes einzelne davon ausgesucht.
Foto: Jan Remschnigg
Du hattest schon mal eine Buchhandlung in Berlin, Dialogue Books. Wieso heißt der neue Laden Chapters? Es ist einige Jahre her, da haben mein Mann und ich uns getrennt, ganz freundschaftlich. Und ich hatte mit einigen Freund*innen eine Art Abschiedsdinner in unserer alten Wohnung. Mein guter Freund Musa Okwonga (Anm. der Redaktion: britischer Autor, unter anderem von „Es ging immer nur um Liebe“, lebt in Berlin) meinte, dass nun ein neues Kapitel meines Lebens beginne. Ich glaube, dass unser Leben wirklich in Kapiteln stattfindet, und dass es oft Mut braucht, um ein solches zu beginnen. Das hat mich inspiriert und dieser Laden ist tatsächlich ein neues, spannendes Kapitel in meinem Leben.
Chapters Book Store Wilsnacker Str. 60 10559 Berlin Open Mo -Fr 10-7 Sa 10-6
Für viele Menschen in Moabit wird es bald mühsam, wenn sie krank sind. Die Apotheke in der Rathenower Straße macht zu – obwohl es ihr wirtschaftlich gut geht. Was ist da los?
Man muss nicht gewinnen, um als Siegerinnen vom Platz zu gehen. Klingt nach einer Floskel, aber für den FSV Moabit ist es wahr. Die Frauenmannschaft hat gegen den männlich dominierten FC Bundestag verloren. Und halt auch nicht.
Alles ist vergänglich. Bei manchen Dingen macht uns das traurig, bei anderen freut es uns. Und Street Art wäre ohne gar nicht denkbar. Schade nur, dass es so schwer ist, das zu akzeptieren.