Baustopp Beusselstraße 52

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Es ist nicht der erste Baustopp, schon 2012 wurde der Ausbau des Dachgeschosses gestoppt, weil die vorgeschriebene Höhe von 2,30 Meter nicht eingehalten war. Schon seit mehr als 2 1/2 Jahren wird im Haus Beusselstraße 52 gebaut. Zunächst wurde Wärmedämmung an den Fassaden angebracht. Die Straßenfassade sieht ganz passabel aus, aber sobald man das Haus betritt, ist offensichtlich, dass hier nichts so richtig fertig wird. Der Hof liegt voller Baumaterialien, alter Dachpappe, Müllsäcken und Holz, aus dem teilweise lange Nägel herausragen. Der Hausflur ist mehr oder weniger eng mit Baumaterialien oder Gerüstteilen vollgestellt. Manchmal bleibt nur ein schmaler Durchgang von etwa 80 cm zum Hinterhaus und Seitenflügel. Alle Gebäudeteile sind weiterhin bewohnt, wenn auch nicht alle Wohnungen. Mieter klagen über Lärm, Dreck, nasse Wände und manchmal auch über Gefahrenstellen. Belästigungen sind bei Bauarbeiten ja unvermeidlich, hier dauern sie aber viel zu lange und kein Ende ist abzusehen.

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In das Dachgeschoss werden drei Wohnungen eingebaut und der niedrigere Seitenflügel wurde um ein Stockwerk aufgestockt, auf dem die Dachterrasse für zwei der Dachgeschosswohnungen entstehen soll. Der Baustopp betrifft nach Auskunft des zuständigen Sachbearbeiters der Bauaufsicht alle Ausbauarbeiten. Die Bauarbeiten seien nicht wie geplant ausgeführt worden. Notwendige Unterlagen des Statikers lägen nicht vor. Deshalb muss der jetzt nachliefern und nochmal rechnen.

Ein Mieter hatte Ende Juni vier gravierende Mängel bei der Bauaufsicht gemeldet. Dabei handelte es sich erstens um den Abriss von Wänden der Außentoiletten im Seitenflügel über mehrere Stockwerke, zweitens um einen Dachbalken, der nicht ordnungsgemäß in seinem Metallschuh sitzt, drittens um ein Fenster, über dem die Backsteine ohne Fenstersturz lose hängen, und viertens um einen offenen Stromverteiler, bei dem auf einer blauen Leitung Strom fließt. Der Mieter hatte den Eindruck, dass die Bauaufsicht den Mängeln nicht nachdrücklich genug nachgehe und lud mich auf die Baustelle ein. Von dieser Besichtigung am 10. Juli 2014 stammen die Fotos.

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Es war jedoch bereits Anfang Juli ein Außendienstmitarbeiter der bezirklichen Bauaufsicht vor Ort gewesen. Seinem Bericht und dem des Prüfingenieurs ist es zu verdanken, dass am 8. Juli der Baustopp ausgesprochen wurde. Der Abriss der Wände im dritten und vierten OG gilt als unproblematisch. Dass es dem Mieter aber eigentlich um die seiner Meinung nach tragende Wand im Erdgeschoss ging, war bei der Bauaufsicht nicht angekommen. Den Stromverteiler hatte der Außendienstmitarbeiter nicht finden können. Auch Vattenfall war deswegen schon angeschrieben worden. Im Antwortbrief an die Mieter zeigen sie Verständnis für deren Sorge, verweisen jedoch auf die Zuständigkeit von Hausverwaltung und Eigentümer. Die Feuerwehr soll bei einem Telefonat der Meinung gewesen sein, solange keine Funken sprühen, müssten sie nicht eingreifen. Und das ist das grundsätzliche Problem, verantwortlich ist letztendlich der Eigentümer, die Hausverwaltung, der jeweilige Bauleiter oder Prüfingenieur. Von denen gibt es zwei: einen für Brandschutz und einen für Statik. Sie sind öffentlich bestellt, werden jedoch vom Bauherren bezahlt.

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Bei einer solchen Baustelle hat man den Eindruck, dass die Verantwortung hin und her geschoben wird. Mieter, die sich beschweren wollen, haben deshalb oft Schwierigkeiten den richtigen Ansprechpartner zu finden. So steht z. B. auf dem Bauschild zur Zeit noch die Firma Möbus. Doch diese hat ihre Arbeiten bereits Ende Mai beendet und gleichzeitig auch die Bauleitung niedergelegt. Auf Nachfrage von MoabitOnline bestätigte Karl-Heinz Möbus, dass die Baustelle in der Beusselstraße 52 eine "Katastrophe" sei. Auf dem Bauschild steht ebenfalls Klaudia Keilholz als Architektin. Sie teilte auf Nachfrage mit, dass sie nur für die Genehmigungsplanung zuständig sei, mit der Ausführung der Bauarbeiten aber gar nichts zu tun habe, da solle man sich an Bauleiter oder Prüfingenieur wenden. Trotz Baustopp gingen die Fassadenarbeiten weiter und das Dach soll mit Teerpappe und Flammenwerfer abgedichtet werden. Mieter befürchten, dass sich bei den Arbeiten das Styropor der Wärmedämmung entzünden könne.

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Schließlich gibt es im Haus auch noch ein massives "Wasserproblem". Einige der Wasserschäden rühren schon von dem alten Dach des Seitenflügels her. Doch mit dem Aufbau der Dachterrasse wurde es nicht besser, eher ist das Gegenteil der Fall, denn sie ist nicht richtig abgedichtet. Gleichzeitig mit dem Aufbringen der Wärmedämmung auf die Hoffassade wurde ein Fallrohr am Seitenflügel gekappt. Monatelang lief das Wasser zwischen Wand und Dämmung herunter. Die Wand im Seitenflügeltreppenhaus wird an diesen Stellen zwar immer wieder neu verputzt und gestrichen. Mit mäßigem Erfolg, wie auf dem Foto zu sehen. Die Feuchtigkeit schlägt jedesmal wieder durch. Die Wand müsste erst mal durchgetrocknet werden. Im Dachgeschoss des Hinterhauses und den Wohnungen unter der neuen Dachterrasse stehen die Pfützen, das Wasser läuft an der Außenwand herunter. Mieter decken die Kellerbelüftungen notdürftig mit Platten ab, sonst wären die Keller ständig überschwemmt. Auch mehrere bewohnte Wohnungen sind in Mitleidenschaft gezogen. So ist im Hinterhaus, bei den Zimmern, die in den Seitenflügel hineinreichen das Wasser bereits im Erdgeschoss angekommen, wie der langjährige Bewohner mitteilte.

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Der Mitarbeiter der Bauaufsicht räumte ein, dass er wenig Handhabe hätte. 2005 wurde die Berliner Bauordnung geändert (Begründung dazu). Die Bauaufsicht prüfe die Unterlagen nicht mehr selbst, Personal wurde abgebaut. Für dieses Bauvorhaben gäbe es keine Baugenehmigung, sondern ein sogenanntes Genehmigungsfreistellungsverfahren. Nachdem die Fotos der oben beschriebenen vier Mängel bei der Bauaufsicht eingegangen sind, wurde der Außendienstmitarbeiter noch einmal zur Besichtigung der Baustelle losgeschickt. Die Gefahrenstelle des fehlenden Fenstersturzes soll sofort beseitigt werden, hieß es..

Das Haus Beusselstraße 52 gehörte lange Jahre mehreren Handwerkern aus Berlin. Es wurde vor ca. 20 Jahren saniert, eine Heizung eingebaut. Vor einigen Jahren verkauften diese an einen spanischen Investor, Alius GmbH mit Sitz in der Knesebeckstraße 50 Schlüterstraße 17. Kurz darauf wurde das Haus wieder verkauft und gehört jetzt der ADN Vermögensverwaltung II GmbH. Geschäftsführer ist Anton Tolmatschev. Er war für Rückfragen nicht erreichbar. Der ADN Vermögensverwaltung I, II, III und IV mit Sitz in der Königsallee 44 sollen in Berlin ca. 25 Häuser gehören. Die Hausverwaltung von Garrel meldete sich nach einem Anruf von MoabitOnline auf deren Anrufbeantworter ebenfalls nicht für eine Stellungnahme zurück.

Nachtrag:
Nach Baustopp, Zwangsverwaltung von einigen Monaten, Besuchen der Bau- bzw. Wohnungsaufsicht und immer weitergehenden chaotischen Bauarbeiten ..., jetzt eine Kleine Anfrage in der BVV (KA 1227/IV). Die eher nichtssagende Antwort vom 15.12.15 ist jetzt da (auf 2. Antwort klicken)!

Schräg gegenüber das Haus Beusselstraße 43 hat ähnliche Probleme.

Das Haus wurde verkauft und es scheint sich nach 6 Jahren Chaos tatsächlich etwas zu ändern: Die Nutzung des Dachgeschosses (auf jeden Fall im HH, vielleicht auch alle) ist - vermutlich wegen fehlendem Brandschutzprüfbericht (weitergebaut wurde 2017 ohne verantwortlichen Bauleiter) - von der Bauaufsicht verboten.

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