Wer Straßen sät...

Mitte Juni wurde mit der Eröffnung der „Ellen-Epstein-Straße" der erste Teil einer Umgehungsstraße im Norden Moabits eröffnet.

Dem Verkehr übergeben wurde der Abschnitt von der Perleberger Straße Ecke Quitzowstraße bis zur Siemensstaße Ecke Wilhelmshavener Straße, wenn auch insbesondere am Kreuzungsbereich mit der Perleberger Straße einiges an Arbeiten noch zu erledigen ist. Und damit die beabsichtigte Verkehrsberuhigung in der Quitzowstraße auch erzielt wird, werden die entsprechenden Kreuzungsbereiche in der Quitzowstraße auch noch baulich verändert werden, daher ist auch die Quitzowstraße im östlichen Teil derzeit

Sackgasse geworden. Aber auch am westlichen Abschnitt werden noch Umbaumaßnahmen erfolgen, und auf diesem Teil der Quitzowstraße dann Tempo 30 angeordnet.
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Parallel zur Eröffnung des ersten Straßenabschnitt liegen derzeit - bis zum 7. Juli 2009 - die Unterlagen für den zweiten Abschnitt im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens zum Straßenbau öffentlich aus. Die Straße wird dann weiter entlang der Bahntrasse geführt über den Bereich des früheren Güterbahnhofs Moabit und wird dann in Höhe der Siemensstraße 2 - 3 in die Siemensstraße einmünden.

Die Siemensstraße wird auf diesem Abschnitt bis zur Beusselstraße nach den ausliegenden Plänen um eine Fahrspur erweitert, die Bürgersteige auf beiden Seiten verschmalert. Die zusätzliche Fahrspur soll den Verkehr von der Beusselstraße möglichst zügig in die Siemensstraße fließen lassen. Damit wird auch ein künftiges zweispuriges Linksabbiegen von der Beusselbrücke in die Siemensstraße möglich, erläutert Verkehrsplaner Thomas Schlömmer von der "Forschungs- und Planungsgruppe Stadt und Verkehr", die die Planung im Auftrag des Bezirks gemacht haben. Im weiteren Verlauf sollen die Fahrzeuge dann möglichst den Weg über die neue „Planstraße" nehmen, wenn sie nicht Ziele im nördlichen Moabit erreichen wollen.

Für den westlichen „Rest-Abschnitt" bringt diese Planung eine Steigerung der Verkehrsbelastung und der daraus folgenden Emissionen mit sich. Die Ernte der neuen Straße auf diesem Abschnitt ist also mehr Verkehr. Der Trost für die Betroffenen: aufgrund der Steigerung der Verkehrsbelastungen und in Folge der Lärmbelastungen sind für Teile der Wohnungen der Häuser Siemensstraße 1-6 und 50 laut den Unterlagen Lärmschutz und Zwangsbelüftungen vorgesehen.
Im weiteren Teil der Siemensstraße nach Osten hin wird mit der Eröffnung der neuen Straße die Verkehrsbelastung sinken, deshalb ist auch dort eine massive Verengung der Einmündung der Siemensstraße in die neue Hauptverkehrsführung vorgesehen. Aber eine ruhige Straße wird die Siemensstraße dennoch nicht. So weisen die Prognoserechnungen für das Jahr 2015 auf dem Abschnitt der Siemensstraße vor dem künftigen Moabiter Stadtgarten (also an der Einmündung der Oldenburger Straße in die Siemensstraße) immerhin eine Verkehrsbelastung von 7000 Fahrzeugen am Tag aus.

Mit den weiteren Einmündungen der Seitenstraßen der Quitzowstraße nimmt dann die Verkehrsbelastung in der Siemens und Quitzowstraße stetig ab. Richtig ruhig mit nur noch 500 Kfz am Tag wird es nach den Prognoserechnungen aber nur auf dem Stück zwischen Rathenower Straße und Ellen-Epstein-Straße, auf dem Abschnitt davor werden immer noch ca. 3000 Fahrzeuge prognostiziert. Und viele davon nehmen auch den Weg durch die Kiezstraßen, manche davon haben natürlich auch dort ihr Ziel oder kommen von dort.
Die Ernte des Straßenneubaus werden die Anwohner erst nach der Inbetriebnahme wirklich spüren, die Ergebnisse werden auch unterschiedlich ausfallen. Manche profitieren von einer Abnahme der Verkehrsbelastung vor ihrer Haustür, viele von denen allerdings weniger als vielleich erhofft, manche werden mehr belastet. Dies nicht nur auf dem westlichen „Restabschnitt" der Siemensstraße, sondern auch in der weiteren Nachbarschaft. So müssen sich die Bewohner der Lehrter Straße auf eine zusätzliche Steigerung der Verkehrsbelastung durch den neuen Straßenabschnitt einstellen, so die Verkehrsprognose in den ausliegenden Unterlagen.
Denn eine Ernte eines Straßenneubaus ist immer sicher: „Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten" wie es schon 1972 der damalige Oberbürgermeister der Stadt München Hans-Jochen Vogel klar und treffend ausdrückte. Und das wirkt sich auch auf die angrenzenden Straßen aus.
Vielleicht will ja doch der eine oder die andere sich die Planungsunterlagen anschauen, hier noch mal der Auszug aus der Anzeige der Bekanntmachung in Berliner Tageszeitungen als Hinweis auf das Planfeststellungsverfahren, den wir schon in einem Kommentar zum geplanten Gastronomiegroßmarkt vermeldet hatten:
Bekanntmachung zum PlanfeststellungsverfahrenAuslegung von Planunterlagen zum Zwecke der Planfeststellung für das Straßenbauvorhaben “Neubau der Planstraße im Block 902 (ehemaliger Güterbahnhof Moabit) im Bezirk Mitte von Berlin
- Anhörungsverfahren -
Umfang der Maßnahme
Die geplante Straßenbaumaßnahme beinhaltet die Weiterführung der im Bau befindlichen Planstraße im Block 9 in Richtung Westen. Sie wird über die bestehende Einmündung Siemensstraße an den Knotenpunkt Beusselstraße / Siemenstraße / Sickingenstraße herangeführt. Der Einmündungsbereich der Siemensstraße wird dafür um eine Fahrspur erweitert. Die neu zu bauende Straße führt an den Bahnanlagen entlang und dient insbesondere der Erschliessung der geplanten Gewerbeflächen auf dem ehemaligen Güterbahnhof Moabit. Sie soll auf einer Länge von ca. 940 m zwei Fahrspuren mit beidseitigen Radstreifen und einen Gehweg auf der südlichen Straßenseite erhalten. Die vorhabensbedingten Eingriffe in Natur und Landschaft werden im unmittelbaren Bereich der neuzubauenden Straße kompensiert. Das Bezirksamt Mitte von Berlin, Abt. Stadtentwicklung, Straßen- und Grünflächenamt, hat für das oben angegebene Bauvorhaben die Durchführung des Planfeststellungsverfahrens beantragt. Der Plan (Zeichnungen, Erläuterungen und die entscheidungserheblichen Unterlagen über die Umweltauswirkungen liegt in der Zeit
vom 08. Juni - 07. Juli 2009
im Bezirksamt Mitte von Berlin, Karl-Marx-Allee 31, 10178 Berlin, Raum 1222 (12. Etage), montags bis mittwochs von 9-16 Uhr, donnerstags von 9-18 Uhr und freitags von 9 - 14 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung unter 030 901822770 oder 030 901822793 auch ausserhalb dieser Zeiten zur allgemeinen Einsichtnahme aus. Jeder kann bis spätestens 2 Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist, das ist bis zum 21. Juli 2009 (maßgeblich ist der Tag des Eingangs der Einwendung, nicht das Datum des Poststempels) bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Referat GR B, Württemberische Straße 6, 10707 Berlin, FaxNr. 030 90123712 oder während der Auslegung auch am Auslegungsort Einwendungen gegen den Plan schriftlich oder zur Niederschrift, nicht aber elektronisch, erheben. Die Einwendung muss den geltend gemachten Belang und das Maß seiner Beeinträchtigung erkennen lassen. Nach Ablauf der Einwendungsfrist sind Einwendungen gegen den Plan ausgeschlossen. Bei Einwendungen, dei von mehr als 50 Personen auf Unterschriftlisten unterzeichnet oder in Form vervielfältigter gleichlautender Texte eingereicht werden (gleichförmige Eingaben), ist auf jeder mit einer Unterschrift versehenen Seite ein Unterzeichner mit Namen und Anschrift als Vertreter der übrigen Unterzeichner zu bezeichnen. Andernfalls können diese Einwendungen unberücksichtigt bleiben.
Nachtrag vom 01.03.2011
In einer Pressemitteilung vom 24.02.2011 teilte Bezirksstadtrat Ephraim Gothe mit, dass dem Bau der die Ellen-Epstein-Straße verlängernden Umgehungsstraße, der Erna-Samuel-Straße, nichts mehr im Wege stehe. Der Planfeststellungsbeschluss für den Bau der Straße, die aus GRW-Mitteln (Gemeinschaftsaufgabe Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur) der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Frauen finanziert finanziert wird, liege vor.

weiterer Nachtrag:
Die Gleislinse nördlich der Ellen-Epstein-Straße soll ein Gewerbegebiet werden. Das Bezirksamt plant einen B-Plan (Bericht Berliner Woche).
Aus den BVV-Unterlagen die Vorlage zur Kenntnisnahme: Aufstellungsbeschluss für B-Plan 1-90.
Der Bund der Steuerzahler kritisiert die Moabiter Kissen in der Quitzowstraße als wirkungslos.