65 Wohnungen in Moabit zwangsversteigert

Die Initiative "Wem gehört Moabit?" hat Ende Januar eine Zwangsversteigerung im Amtsgericht Tiergarten besucht. Jetzt veröffentlichte sie ihren Bericht auf der eigenen Homepage und hat ihn auch an MoabitOnline geschickt. Nur noch das passende Foto dazu mussten wir selbst machen. Hier dolumentieren wir den Text:

"Am 21. Januar 2011 wurden im Amtsgericht in der Lehrter Straße 65 Wohnungen versteigert. Es handelt sich um die Häuser Perleberger Straße 46, 47, 48, 49 /Birkenstraße 15 gegenüber der Bruno-Lösche-Bücherei, in dem früher der Laden “Minika" war. Einige Mitglieder der Initiative “Wem gehört Moabit?” wollten sich mal anschauen, wie so eine Zwangsversteigerung abläuft. Der Verkehrswert lag bei 3,5 Millionen Euro, das heißt, es musste eine Bietersicherheit von 350.000 Euro auf dem Tisch liegen. Das sortiert schon einmal die Kandidaten, die nur spielen wollen, aus. Trotzdem war der Andrang groß, es müssen viele Profis darunter gewesen sein. Nach Beginn der Versteigerung war schnell klar, dass es keinen zweiten Termin geben wird, also 70% des Verkehrswertes erreicht werden. Den Zuschlag bekam schließlich ein Familienunternehmen – eine Bietergemeinsschaft bestehend aus Mutter (10%), Vater (10%), Sohn (40%) und einem nicht anwesenden Partner (40%). Der Preis lag knapp über dem Verkehrswert, bei 3,6 Millionen Euro. Die 65 Wohnungen und 3 Gewerbeeinheiten auf 5.000 Quadratmeter gingen damit für ca. 700 EUR/qm weg.  Noch 3 Jahre sind die Mieten gebunden, weil es sich um ehemaligen Sozialen Wohnungsbau handelt.

Im Vorfeld war versucht worden, Mieter zum Selbstkauf zu gewinnen. Doch die winkten ab, das Haus habe eine zu schlechte Bausubstanz.

Generell  ist festzustellen, dass die Zwangversteigerungen im Amtsgericht Lehrter Straße nun fast immer mehr als den Verkehrswert erbringen. Im Moment sind für 2011 nur weitere 3 Zwangsversteigerungs-Termine am Amtgericht Tiergarten anberaumt.  In den Vorjahren waren das oft 10 mal so viele. Also auch hier wird der Markt immer enger.  Nach unserer Einschätzung stimmt es nicht, dass – wie letzte Woche wieder im Tagesspiegel zu lesen war – in Moabit im Vergleich zu Neukölln und Kreuzberg alles bleibt, wie es ist. Auch hier wird die Nachfrage nach Immobilien aller Art größer und das Angebot knapper, also steigen die Preise. Und damit ist es auch für Spekulanten interessant."

Soweit der Text der Initiative. Auch in der Perleberger Str. 65, 66 / Lehrter Str. 46, 47 sind die von Haberent Anfang der 90er Jahre errichteten Sozialbauwohnungen nach jahrelanger Zwangsverwaltung vor einiger Zeit zwangsversteigert worden. Schade, dass bei dieser Versteigerung niemand dabei war, der berichtet hat. Sie werden jetzt von Walther Property Management GmbH (Update: jetzt Claus Hausverwaltung) verwaltet.

In den letzten Tagen informierte die Initiative "Wem gehört Moabit?" auch über den Verkauf von 153 Wohnungen, Baujahr 1976, südlich Alt-Moabit gelegen und fragte die Leser, ob sie wissen, um welche Häuser es sich handeln könnte. Aus dem Baujahr könnte man schließen, dass es sich auch hier vermutlich um ehemalige Sozialbauwohnungen handelt. In einem anderen Beitrag stellt die Initiative einen schon etwas älteren Film über "Mieter unter Pschodruck" bereit. Es lohnt sich also mal wieder auf diese Webseite zu schauen.

Nachtrag 2014:
Im Sozialen Wohnungsbau ist der Austausch der Bewohnerschaft im vollen Gange (gentrificationblog).

Nachtrag 2015:
Das Problem der absurden Kostenmieten, die teilweise auf fiktiven Kostenpositionen beruht, wenn nämlich die Häuser zwangsversteigert wurden, könnte mit Einfügung von 5 Zeilen im neuen Berliner Wohnraumversorgungsgesetz, das der Senat vermutlich am 12. November beschließen wird, gelöst werden. Den Formulierungsvorschlag der Initiative mieterstadt.de - Netzwerk für Soziales Wohnen und bürgernahe Stadtentwicklung e.V. findet man hier auf Andrej Holms Gentrificationblog. Auch Kotti & Co. hat über das Rechtsgutachten berichtet.

Nachtrag 2018:
Es gibt Bauarbeiten, die Fassade ist eingerüstet (siehe Crowd Map Moabit).

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